Mein Mann lag im September ein paar Tage in einer Augenklinik.
Die Zwei-Drei-Bett-Zimmer waren nicht alle belegt. Eine ältere Dame wurde
von ihren Angehörigen gebracht. Sie wurde erst am nächsten Tag operiert.
Mein Mann hatte auch diverse Untersuchungen. Die OP war auch für den
nächsten Tag angesetzt. Soweit ok.
Ein junger Mann, Bettnachbar meines Mannes, wurde am nächsten Tag
entlassen.
Ein neuer Patient rückte an seine Stelle. Etwas älter, über fünfzig etwa.
Sein Äußeres ließ darauf schließen: Dieser Mann hatte kaum Geld. Sauber zwar
gekleidet, die Haare halblang, doch etwas ungepflegt. Ein Rucksack mit seinen Habseligkeiten gehörte zu
ihm.
Man kam ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass eine seltsame Geschichte
seinen Aufenthalt erforderlich machte.
Er saß mit einem Bekannten und seiner Frau auf einer Parkbank. Ein Passant
spielte in der Nähe mit einem Hund. Diesen beschäftigte er mit einem Stock. Warf
diesen Stock, der Hund brachte ihn zurück.
Sie schauten dem Spiel zu. Auf einmal landete der Stock beim Werfen genau
auf seinem rechten Auge, welches blau anlief.
Der Mann mit dem Hund war dann verschwunden.
Das Auge begann zu schmerzen und er sah Doppelbilder, so seine
Aussage.
Das in der Nähe seiner Wohnung befindliche Krankenhaus beherbergte eine neu erbaute Augenklinik. Dorthin begab
er sich. Die Diagnose ergab nichts Gravierendes. Er solle zur Beobachtung erst
einmal ein paar Tage in der Klinik verbleiben.
Der Mann übernachtete. Freute sich sichtlich über das dargebrachte Essen.
Das Zimmer war sauber und aufgeräumt. Die Putzfrau kam und säuberte. Es gab
Frühstück, Mittag- und Abendessen, Kaffee, Tee nach Belieben und es gefiel
ihm.
Am nächsten Tag noch einmal eine Untersuchung. Der Zustand schien sich zu
bessern.
Noch einen Tag zur Sicherheit, dann würde er entlassen.
Tagsüber – das Wetter war schön; Sonnenschein und angenehme Temperaturen -
nahm er seinen Rucksack und wanderte bis zum Mittagessen einige Stunde draußen
herum. Keiner fragte, wo er geblieben sei.
Am dritten Tag dann die Endkontrolle: Die Sehfähigkeit war wieder
hergestellt und er konnte entlassen werden.
Gut erholt verließ er die Klinik.
Den Eindruck ließ er zurück, dass er sich NUR ein paar schöne Tage auf
Kosten der Allgemeinheit gemacht hatte. Besuch bekam er keinen. Nach seinen Erzählungen lebte er allein.
Musste für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen. Dass ihm Essen serviert wurde,
anschließend alles wieder aufgeräumt und gesäubert wurde, gefiel ihm, sah man ihm an.
Ein kleiner Kurzurlaub auf Kosten der Allgemeinheit. Eine seltsame Geschichte von einem Stock, der sooo zufälllig in sein Auge geriet, dass
sogar ein Aufenthalt in der Augenklinik vonnöten war?!
Die Klinik, neu erbaut, erhielt von der Krankenkasse die Kosten erstattet
und dem “Augen”-Geschädigten waren ein paar Tage Urlaub gegönnt – aus welchen
Gründen auch immer.
Mein Mann jedoch war mehr als froh, als er entlassen wurde. Er fand nämlich
keinen Schlaf, weil sein Bettnachbar fürchterlich schnarchte.